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Rumänien-Blog


Von den Habsburgern nach Hackerville: Râmnicu Vâlcea

Als Valachia Cis-Alutana oder Valachia Caesarea fungierte die Kleine Walachei (rumänisch: Oltenia) im 18. Jahrhundert für 20 Jahre als Teil des Habsburgerreiches. Prinz Eugen von Savoyen versuchte sich an einer bürokratischen Neugestaltung der Region, zwangsläufig unterstützt von einigen Bojaren (rumänisch: Boieri). Letztere gab es auch woanders, in den rumänischen Donaufürstentümern hatten sie jedoch am meisten zu sagen.

Die rumänischen Boieri hatten den höchsten aristokratischen Rang unterhalb des Voievod (deutsch: Woiwode) inne und bildeten die Schicht der Großgrundbesitzer (rumänisch: moșieri). Ab dem 10. bis zum 18. Jahrhundert waren sie die vom jeweils regierenden Fürsten bestätigte Führungsschicht in den Fürstentümern Moldau und Walachei. Zu ihrem Zuständigkeitsbereich gehörten unter anderem die Rechtsprechung und Verwaltung in den ländlichen Gebieten, auch in Oltenien. So waren die mächtigen Männer während der Herrschaft der Habsburger von 1718 bis 1739 deren Ansprechpartner vor Ort. Natürlich setzten die Österreicher sukzessive Neuerungen gegen deren Widerstand durch. Nachdem ihnen Oltenia 1718 infolge des Friedens von Passarowitz zugesprochen wurde, war es 20 Jahre später wieder einmal so weit: Ein Wechsel der Machverhältnisse stand an. Diesmal war es der Frieden von Belgrad, welcher dazu führte, dass die Habsburgermonarchie die Kleine Walachei an das Osmanische Reich abtreten musste, das diese wieder mit der Großen Walachei vereinte. Im Verlauf der Historie lebten immer wieder deutsche Gemeinschaften in Oltenien. Im 16. und 17. Jahrhundert waren das vor allem Siebenbürger Sachsen in Râmnicu Vâlcea (deutsch: Rimnik, Rümnick, Remnik oder Rebnik), die wiederum enge Beziehungen zu Hermannstadt (rumänisch: Sibiu) in der Nachbarregion Siebenbürgen (rumänisch: Transilvania) pflegten. Die Stadt zählt zu den ältesten Siedlungen auf dem Gebiet des heutigen Rumänien, hat etwa 100.000 Einwohner und wird vom Fluss Alt (rumänisch: Olt) durchflossen. Ihr Name ist slawischen Ursprungs: Râmnicu bedeutet Weiher, Vâlcea kommt von vâlc, was wiederum Wolf bedeutet. 1848 war die idyllisch gelegene Stadt Ausgangspunkt der Revolution, welche zur Vereinigung der rumänischen Fürstentümer Walachei und Moldau führte. In jüngster Vergangenheit erhielt die Provinzstadt einen weiteren Namen: Als Hackerville erwarb sie sich den Ruf der Welthauptstadt des Internet-Betruges. Etwa um die letzte Jahrtausendwende ging es los mit der Cyber-Kriminalität, die damals eher noch in den Kinderschuhen steckte: Auf geklonten Websites von Online-Händlern wurden gegen Vorkasse Waren angeboten, aber nicht geliefert. Zunächst waren die Wege der Gelder noch nachvollziehbar, später nicht mehr, da zahlreiche Personen, Pfeile genannt, und Konten an verschiedensten Orten der Welt zwischengeschaltet wurden. Anbieter wie Western Union oder MoneyGram machen es leicht, große Summen unkompliziert und schnell um die Welt zu schicken. So waren in Râmnicu Vâlcea schon bald auffällig viele Filialen ansässig, flankiert von Edelshops für Juwelen, exklusive Lederwaren und teure Parfums. Ebenso auffällig ist die in der Stadt extrem hohe Dichte an Luxuslimousinen von Mercedes, BMW und Audi, die nicht nur im schicken Zentrum unterwegs sind, sondern gerne auch in Ostroveni, einem heruntergekommenen Plattenbau-Viertel am Stadtrand. Die Dichte der luxuriösen Automobile entspricht hier in etwa der Dichte an Internet-Betrügern.

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