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Rumänien-Blog


Im Norden des Westens: das Kreischgebiet

Der Trip durch Geschichte und Gegenwart Rumäniens führt uns durch eine weitere, neu zu entdeckende historische Region. Wie das zuvor bereiste Banat liegt das Terrain mit dem illustren Namen Kreischgebiet (rumänisch: Crișana) im Westen des Landes, jedoch in dessen Norden. Der kleinere Teil des Gebiets befindet sich im Osten Ungarns, zu welchem es ursprünglich gehörte. Schnell, weiß und schwarz sind die Zuflüsse der Kreisch, nach der das Gebiet benannt wurde.

Die Schnelle Kreisch (Crișul Repede), die Weiße Kreisch (Crișul Alb) und die Schwarze Kreisch (Crișul Negru) durchqueren die Crișana westwärts, um in deren ungarischem Teil zur Kreisch (Criș) zusammenzufließen und dem Kreischgebiet seinen Namen zu verleihen. Etymologisch gesehen ist Letzteres nicht ganz sicher, aber naheliegend. Im Osten trennt das Apuseni-Gebirge (Munții Apuseni) die mitunter auch als Kreischland bezeichnete Region von Siebenbürgen alias Transsilvanien. Die Gebirgsformation ist Teil der Westrumänischen Karpaten (Carpații Occidentali).

Historisch betrachtet war die Crișana Teil des Königreichs Ungarn, was sich jedoch infolge des Ausgangs kriegerischer Auseinandersetzungen im 16. Jahrhundert änderte. Wie so oft war es eine Schlacht, die den Wendepunkt markierte: Im Sommer 1526 wurden die ungarischen Truppen bei Mohács von den Osmanen vernichtend geschlagen, die Eroberung großer Teile Ungarns durch die osmanischen Truppen schloss sich an. Mohács wurde zum ungarischen Archetypen der Katastrophe, das Kreischgebiet fiel an das damalige Fürstentum Siebenbürgen. Letzteres wurde von Ungarn getrennt und als untertäniges Fürstentum unter die Oberhoheit des Osmanischen Reiches gestellt. In veränderlichen Anteilen gehörte das Kreischgebiet bis 1867 dazu. Auf der Grundlage des österreichisch-ungarischen Ausgleichs vom 8. Juni 1867 kam es zur Realunion Österreich-Ungarn, auch k. u. k. (kaiserlich und königlich) Doppelmonarchie genannt, welche bis 1918 währte. Wie die Nachbarregionen Banat und Siebenbürgen wurde das Kreischgebiet 1920 mit dem Vertrag von Trianon, der den Ersten Weltkrieg formal beendete und territoriale Veränderungen bestätigte, dem Königreich Rumänien zugeschrieben. Letzteres wurde von 1919 bis 1940 umgangssprachlich als Großrumänien (rumänisch: România Mare) bezeichnet, da es in dieser Zeitspanne seine größte territoriale Ausdehnung erreicht hatte.

Wichtigste und größte Stadt in der Crișana ist ihre „Hauptstadt“ Oradea (deutsch: Großwardein), gefolgt von Arad und kleineren Städten wie Aleșd, Beiuș, Salonta (deutsch: Großsalontha) und Ineu. Auch Kur- und Badeorte mit langer Tradition – wie Băile Felix (Bad Felix) oder Stâna de Vale – sind im Kreischgebiet zu finden. Sie erinnern noch heute an die Zeiten, in denen sich der osteuropäische Adel dorthin zur Kur begab. In der bergigen Region des Apuseni-Gebirges trifft man auf abgeschiedene Dörfer und traditionelle Architektur. Hier sind vor allem die zahlreichen alten Holzkirchen zu erwähnen, die in vielen Orten eher abseits liegen, jedoch durch ihre spitzen, hoch aufragenden Türme schon aus der Ferne zu sehen sind.

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