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Rumänien-Blog


Hoch im Norden: Bistrița im Nösnerland

Das Nösnerland, ganz im Norden Transsilvaniens gelegen, ist der nördlichsteAusläufer des historischen Königsbodens, auf dem die Siebenbürger Sachsen ab dem 12. Jahrhundert ihre Privilegien genossen und Städte gründeten. Bistritz (rumänisch: Bistrița) gehörte dazu und da die Stadt im Zentrum des Nösnerlandes liegt, wurde sie 1264 unter ihrem deutschen Namen Nösen erstmals als solche genannt. „Wir Nösner” nennt sich noch heute ein Verein, hinter dem sich – wie uns die Website gleichen Namens verrät – die Heimatortsgemeinschaft Bistritz-Nösen e.V. verbirgt, die erst vor wenigen Wochen in Nürnberg zum Treffen rief.

So wie Broos (rumänisch: Orăștie) die Position des westlichen Vorpostens innehatte, war Bistrița der nördlichste Außenposten des Königsbodens. 1366 kam die Stadt in den Genuss der Rechte des begehrten „Goldenen Freibriefs” und entwickelte sich zu einer Art Stadtrepublik, die von den Zünften und Kaufleuten gelenkt wurde und auch überregional von Bedeutung war. Wiener und Regensburger Kaufleute gingen in der Handelsstadt ihren Geschäften nach. Zudem gehörte Bistritz zu den wenigen Münzstätten Siebenbürgens, was durch die Goldbergwerke in der Umgebung begünstigt wurde. So erwähnt man die Bistritzer Mark schon 1308 als Zahlungsmittel. Bis 1919 gehörte die Stadt zu Österreich-Ungarn, danach bis 1940 zu Rumänien, um nach dem 2. Wiener Schiedsspruch bis 1944 zwangsweise erneut an Ungarn abgetreten zu werden. Ab 1944 wurden die deutschen Einwohner von der Wehrmacht evakuiert, seit Ende des Zweiten Weltkriegs gehört Bistrița zu Rumänien. Was wäre eine Siebenbürger Stadt ohne ihre Kirche? Selbstverständlich spielt diese auch in Bistritz eine Hauptrolle. „Als Kolumbus America entdeckte, baute man in Bistritz die evangelische Kirche”, ist auf der dreisprachigen Website Bistrița online zu lesen. Das stimmt zwar zeitlich nicht so ganz, die Kirchenbauer starteten weitaus früher als Kolumbus, ist aber ein Hinweis auf die große Bedeutung der Kirche für die Stadt, da man diese über einen langen Zeitraum immer wieder erweiterte. So wurde der Kirchturm in mehreren Abschnitten errichtet und erst fünf Jahre bevor Kolumbus in See stach in den Gesamtbau integriert. Heute ist er als höchster mittelalterlicher Turm Siebenbürgens zu bestaunen.

Befragt man das weltweite Netz zur Gegenwart Bistrițas, verweisen die Suchmaschinen hauptsächlich auf Informationen zur regen Partnerschaft mit zwei deutschen Städten. Vor 10 Jahren unterschrieb man den Partnerschaftsvertrag mit Herzogenrath, erst vor Kurzem – im August 2015 – mit Wiehl. Beide Städte liegen in Nordrhein-Westfalen, in Letzterer hatten sich nach der Evakuierung von 1944 zahlreiche Siebenbürger Sachsen angesiedelt. Dort ist die Heimatortsgemeinschaft Bistritz-Nösen e.V. verortet, welche aktuell das Nordsiebenbürgertreffen 2015 organisierte, das im Oktober dieses Jahres in Nürnberg stattfand. Wie mit Herzogenrath seit 10 Jahren etabliert, wird es auch mit Wiehl einen regen Schüler- und Lehreraustausch und wechselseitige Besuche verschiedener Kulturgruppen geben. Anfang Oktober feierte man in Bistrița übrigens zum zweiten Mal ein Volksfest, das eigentlich in Bayern beheimatet ist. Mit dem traditionellem Bieranstich eröffnete der Bürgermeister der Stadt das Bistritzer Oktoberfest, stilecht umgeben von Damen im Dirndl und Herren in Lederhose.

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