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Rumänien-Blog


Das Zentrum der Crișana: die Hauptstadt Oradea


Oradea (deutsch: Großwardein) ist zwar nicht aktuelle Hauptstadt der Crișana (deutsch: Kreischgebiet), denn diese ist eine historische Region, jedoch deren kulturelles und wirtschaftliches Zentrum auf rumänischer Seite. Die Stadt ist eines von Rumäniens „Munizipien mit nationaler Bedeutung, mit potentiellem Einfluss auf das europäische Niveau“ und trägt so mit 12 weiteren Städten Rang I. Spaziert man heute durch Großwardein, ist nicht zu übersehen, dass das Stadtbild intensiv von den Habsburgern geprägt wurde.

Das Zentrum Oradeas liegt etwa 12 km von der Grenze zu Ungarn entfernt, die Schnelle Kreisch (Crișul Repede) fließt nahezu mittig durch die Stadt. Mit annähernd 200.000 Einwohnern gehört Großwardein zu jenen rumänischen Städten, welchen vom Parlament der Titel eines Munizipiums (rumänisch: Municipiu) verliehen wurde. Grundlage der Verleihung bilden verschiedene, gesetzlich festgelegte Kriterien. Dazu gehören unter anderen die Existenz einer städtischen Infrastruktur auf einem hohen Niveau, die ausreichende medizinische Versorgung der Einwohner, hygienische Vorgaben und das Vorhandensein kultureller Institutionen sowie weiterführender Bildungseinrichtungen.

Blickt man zurück in die Geschichte der Stadt, ist natürlich auch Oradea geprägt vom bereits bekannten Wechselspiel territorialer Zugehörigkeiten über viele Jahrhunderte. So gehörte Großwardein im Lauf der Historie zum Königreich Ungarn, welches auch mal einen deutschen Kaiser hatte, wurde von einem habsburgisch römisch-deutschen König und einem siebenbürgischen Fürsten regiert, gegen die Türken erfolgreich oder erfolglos verteidigt sowie dem Habsburgerreich zugeordnet. Diverse „Schlachten bei“ wurden geschlagen, gewonnen oder verloren, worauf die entsprechenden „Frieden von“ folgten, welche dann die jeweils aktuellen territorialen Verhältnisse besiegelten. Für Nicht-Historiker ist es nicht gerade leicht, einen klaren Überblick über den Ablauf der Machtverhältnisse in jenen rasanten Zeiten zu gewinnen. Verlässlicher Faktor ist – neben der obligatorischen Siedlungsgründung durch die Römer – jedoch auch hier der Friedensvertrag von Trianon, der 1920 einen entscheidenden Punkt hinter die historischen Tumulte setzte und die Crișana und Oradea trotz ungarischer Bevölkerungsmehrheit dem Königreich Rumänien zuschrieb. Durchbrochen wurde dies danach nur noch einmal: 1940 zwangen das nationalsozialistische Deutsche Reich und das faschistische Italien Rumänien zur Rückgabe Oradeas an Ungarn. Vier Jahre später eroberten rumänische und sowjetische Truppen die Stadt zurück.

Zur Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert, Großwardein gehörte zur Doppelmonarchie Österreich-Ungarn und hatte bereits etwa 100.000 Einwohner, erlebte die Stadt einen fulminanten ökonomischen Aufschwung. Oradea war Sitz des ungarischen Komitats Bihar und Knotenpunkt von sieben Bahnlinien. Um 1900 gab es 17 Kirchen und sechs Klöster, darunter je zwei Kathedralen und bischöfliche Palais, und zahlreiche prachtvolle öffentliche sowie private Gebäude. Berühmte Architekten planten und bauten im eleganten Jugendstil, die Stadt war reich und schön.

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